Eine Heldin und eine Zeitung: “Bild dir deine Meinung!”

Die „Bild“-Zeitung macht gerne Werbung mit Prominenten, die dann da stehen und ein Statement über dieses Medium abgeben. Das kann dann sogar mal etwas “kritisch“ ausfallen, ist aber meistens wohlwollend, so wie ein netter Onkel, der seinem Neffen, der gerade den Hamster in die Microwelle gesteckt hat und auf „Grillen“ drückt, auf die Finger klopft. „Das macht man aber nicht. Das ist nicht nett. Aber was soll man machen? Jungs sind halt Jungs.“ Na klar, wie fast alle mehr oder weniger Prominenten will man es sich ja nicht mit der „Bild“ verderben. Wie immer man es auch sieht, die „Bild“ hat Macht. Der Slogan „Bild dir deine Meinung“ ist Programm, leider nur nicht ganz korrekt.

„Wir bilden dir deine Meinung“ dürfte hier besser passen. Prominente Menschen wie Gottschalk, Sido, Til Schweiger oder Phillip Lahm gaben sich die Ehre. Geld gibt’s dafür nicht, aber die „Bild“ spendet immer 10 .000 Euro in ihrem Namen an eine wohltätige Organisation. Wie lieb! Egal, zum Thema zurück! Diese Zeitung wollte nun die Band „Wir sind Helden“ für ihre nächste Werbekampagne bekommen.Auch die sollten mit einem launigen Satz für Meinungsmache werben. Aber dann geschah etwas ganz anderes. Die wollten nicht! Was? Skandal! Wie kann man nur! Und nicht genug, die Frontfrau Judith Holofernes veröffentlicht auf der Website der Band die Anfrage der Werbeagentur Jung und Matt und geht sogar so weit, ein Antwortschreiben zu verfassen, dass sie auch dort einstellt. Hier einige Auszüge:

Liebe Werbeagentur Jung von Matt, bzgl. Eurer Anfrage, ob wir bei der aktuellen Bild -Kampagne mitmachen wollen: Ich glaub, es hackt. Die laufende Plakat -Aktion der Bild -Zeitung mit sogenannten Testimonials, also irgendwelchem kommentierendem Geseiere (Auch kritischem! Hört, hört!) von sogenannten Prominenten (auch Kritischen! Oho!) ist das Perfideste, was mir seit langer Zeit untergekommen ist. Will heißen: nach Euren Maßstäben sicher eine gelungene Aktion…..Selten hat eine Werbekampagne so geschickt mit der Dummheit auf allen Seiten gespielt. Da sind auf der einen Seite die Promis, die sich denken: Hmm, die Bildzeitung, mal ehrlich, das lesen schon wahnsinnig viele Leute, das wär schon schick… Aber irgendwie geht das eigentlich nicht, ne, weil ist ja irgendwie unter meinem Niveau/ evil/ zu sichtbar berechnend… Und dann kommt ihr, liebe Agentur, und baut diesen armen gespaltenen Prominenten eine Brücke.Ihr sagt jenen Promis: wisst ihr was, ihr kriegt einfach kein Geld! Wir spenden einfach ein bisschen Kohle in eurem Namen, dann passt das schon, weil, wer spendet, der kann kein Ego haben, verstehste? Und außerdem, pass auf, jetzt kommt´s: ihr könnt sagen, WAS IHR WOLLT!…Das Problem dabei: ich hab wahrscheinlich mit der Hälfte von euch studiert, und ich weiß, dass ihr im ersten Semester lernt, dass das Medium die Botschaft ist. Oder, noch mal anders gesagt, dass es kein “Gutes im Schlechten” gibt. Das heißt: ich weiß, dass ihr wisst, und ich weiß, dass ihr drauf scheißt. Die BILD -Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash -Kulturgut und kein harmloses “Guilty Pleasure” für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle -Zitat. Und schon gar nicht ist die Bild -Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands. Die Bildzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument – nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda. ……..

Wer den ganzen Brief lesen will, sollte auf die Web-Seite der Helden gehen. Ich habe es getan und hier meine Meinung: Hut ab! Es stimmt alles, bis ins letzte. Aber leider sehe ich auch noch etwas anderes. Die Welt will solche Medien wie die „Bild“. Die Masse will morgens das Tittenmädchen zum Kaffee und die neusten Hass-Tiraden auf das Opfer der Woche. Sie will alle blutigen Einzelheiten in mikroskopischer Genauigkeit lesen. „Mann fiel in Fleischwolf. Bild sprach zuerst mit der Frikadelle!“ Jeder von uns kennt diesen Spruch und er stimmt. Leider! Aber wir alle haben die „Bild“ zu dem gemacht, was sie ist. Und das sind beileibe nicht nur dumme Menschen. Klischee wie der Bauarbeiter, der beim zweiten Morgenbier die Bildzeitung auf der Toilette liest, stimmen schon lange nicht mehr (Mein Mann ist übrigens LKW-Fahrer und liest gerne mal die „Zeit“). Lehrer, Rechtsanwälte und andere “Studierte“ greifen auch zur „Bild“ aber die machen etwas, dass wir vielleicht alle mal machen sollten: Sie lesen auch noch andere Print-Medien, um sich eine Meinung zu bilden.